Abstract
ZusammenfassungDie Küstenfischerei der westlichen Ostsee steht vor großen Herausforderungen, u.a. der Abnahme der Brotfischbestände Dorsch und Hering, hohe Treibstoffpreise, Auswirkungen des Klimawandels und räumlichen Nutzungskonkurrenzen (z.B. Tourismus, Offshore Energie). Eine Fischerei in bekannter Form ist nicht mehr zukunftsfähig oder ökonomisch nachhaltig ausführbar, weshalb nicht nur eine Diversifizierung der Betriebe, sondern auch des Berufsbildes nötig erscheint. In diesem Artikel stellen wir eine Lösungsidee für eine zukunftsfähige Küstenfischerei vor, die Idee „Förster des Meeres“. Der Titel „Förster“ spielt auf die Hege und Pflege von Naturräumen an, die von Wald auf das Meer übertragen werden soll.
Kern der Idee Förster des Meeres ist es neue Berufsinhalte für die Küstenfischerei zu identifizieren, für deren Übernahme Küstenfischende eine staatliche (Teil-) Finanzierung und dadurch finanzielle sowie berufliche Stabilität erhalten und gleichzeitig positive auf das Ökosystem Meer einwirken. Dafür werden in diesem Artikel Aufgabenfelder in den Bereichen Blaue Ökonomie, Aquakultur, Kontrollen, Monitoring in Kooperation mit Forschung sowie Bereiche der Öffentlichkeitsarbeit vorgestellt und auf deren Anwendbarkeit im Berufsbild Förster des Meeres diskutiert. Die Umsetzung der diskutierten Aufgabenfelder wird in einem Reallabor-Konzept angestrebt, bei dem Küstenfischerei, Forschung und weitere Akteure mit der Lösungsidee Förster des Meeres zu dessen Anwendbarkeit experimentieren. Dieser Artikel ist bereits ein erstes Ergebnis dieser Kooperation und entstanden während des Aufbaus des Reallabors zwischen dem Forschungsprojekt SpaCeParti mit der Fischereigenossenschaft Wismarbucht eG. Während der Verfassung des Artikels wurden bereits Bemühungen für ein Pilotprojekt Förster des Meeres im Land Mecklenburg-Vorpommern unternommen.
Fazit für die PraxisIn den letzten 20 Jahren lag der Schwerpunkt der politischen und gesellschaftlichen Diskussionen um den Erhalt der Küstenfischerei auf der Reduzierung von Fangquoten. Durch jahrzehntelange Negativbotschaften hat der Berufstand Küstenfischerei stark an Attraktivität verloren. Heute gibt es kaum noch Nachwuchs, was zukünftig ein Aussterben der Küstenfischerei zur Folge haben könnte. Ohne Küstenfischerei würden an den Küsten über Jahrhunderte aufgebaute Kulturgüter, Handwerkswissen und folglich touristische Anziehungspunkte fehlen.
Um dem entgegenzuwirken, schlagen wir eine Diversifizierung des Fischereiberufs vor, indem dieser um Aufgaben in den Bereichen Ökosystemmanagement, Umweltschutz und Öffentlichkeitsarbeit erweitert wird. Fischende werden weiterhin fischen und zu einem „Förster des Meeres“; sie kümmern sich um eine gesunde Meeresumwelt und bewahren Fischereikultur in den Häfen. Dafür erhalten Fischende eine (Teil-)Finanzierung durch das jeweilige Bundesland oder die Gemeinde.
So lassen sich drei Ziele miteinander verbinden:
- Erhalt der erwerbsmäßigen Küstenfischerei,
- Wiederherstellung und Schutz einer gesunden Meeresumwelt,
- Pflege und Vermittlung von Elementen der Küstenkultur.
Da es sich bei Veränderungen innerhalb der Ausbildung um langwierige Prozesse handelt, wird mit einer Zusatzqualifikation für aktive Fischende als Pilotprojekt in Mecklenburg-Vorpommern begonnen: initiiert durch die Fischereigenossenschaft Wismarbucht e.G. und wissenschaftlich begleitet durch das Projekt SpaCeParti als Teil der Forschungsmission sustainMare der Deutschen Allianz Meeresforschung.