Abstract
Die Leopoldina Nationale Akademie der Wissenschaften legte im Jahr 2020 eine Analyse zur Biodiversitätskrise in terrestrischen und aquatischen Ökosystemen vor. Die in diesem normativen Bericht getätigten Aussagen zur Rolle und Bedeutung der Fischerei und Aquakultur beim Rückgang der Biodiversität werden in vorliegendem Beitrag einer kritischen Bewertung unterzogen. Im Ergebnis wird konstatiert, dass das Management der globalen Fischerei in den letzten Jahren eine deutliche Verbesserung erfahren hat und dass die Aquakultur vielfach zu den ressourcenschonendsten Erzeugungsmethoden tierischen Proteins gehört. Beide Fischereizweige, Aquakultur und Fischerei, sind wesentlich für die weltweite Lebensmittelversorgung mit tierischem Protein, auch und insbesondere in den Entwicklungsländern. Heute wird die Mehrzahl der genutzten marinen Fischbestände, die 79 % des globalen Fangertrags liefern, nachhaltig bewirtschaftet. Während die Fischerei einen dominierenden Einfluss auf Biomasse und Größenstruktur von marinen Fischpopulationen ausübt, sind in Binnengewässern hingegen weit überwiegend andere Faktoren als die Fischerei als Haupteinflussfaktor auf die Biodiversität anzusehen. Dementsprechend trägt eine veränderte Managementpraxis der Binnenfischerei kaum zum Stopp der Biodiversitätskrise bei, wohingegen die Senkung der Fischereisterblichkeit in übernutzten marinen Fischbeständen Abundanz und Größenstruktur der Fischpopulationen anheben dürfte. Insgesamt hat der Leopoldina-Bericht die Charakterisierung der Fischerei- und Aquakultureffekte und die Möglichkeiten des Fischereimanagements auf die Biodiversität ungenau und zu pessimistisch widergegeben.